Öffentliche Bestellung und Vereidigung
Die IHK Niederbayern ist wie andere IHKs gemäß § 36 Gewerbeordnung (GewO) und ergänzenden landesrechtlichen Vorschriften für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen in wirtschaftlichen und technischen Bereichen zuständig. Die Anforderungen an die Sachverständigen und ihre Pflichten sind in der Sachverständigenordnung (SVO) der IHK Niederbayern geregelt. Bitte nehmen Sie diese Bestimmungen genau zur Kenntnis, wenn Sie sich für die öffentliche Bestellung und Vereidigung als Sachverständige/r interessieren.
Die öffentliche Bestellung ist von bestimmten Voraussetzungen abhängig, die in den §§ 1, 2 und 3 SVO genannt sind. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung erfolgt auf Antrag. Diesem kann nur entsprochen werden, wenn:
- für das Sachgebiet, für das eine öffentliche Bestellung beantragt wird, ein Bedarf an Sachverständigenleistungen besteht,
- die Hauptniederlassung als Sachverständiger im Bezirk der Industrie- und Handelskammer für Niederbayern liegt,
- die erforderliche Lebens- und Berufserfahrung vorhanden ist,
- keine Bedenken gegen die persönliche Eignung bestehen,
- überdurchschnittliche Fachkenntnisse, praktische Erfahrungen und die Fähigkeit, Gutachten zu erstatten, nachgewiesen werden,
- die zur Ausübung der Tätigkeit als öffentlich bestellte/r Sachverständige/r erforderlichen Einrichtungen verfügbar sind,
- geordnete wirtschaftliche Verhältnisse gegeben sind,
- die Gewähr für die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit sowie für die Einhaltung der Pflichten eines/r öffentlich bestellten Sachverständigen geboten wird,
- einschlägige Kenntnisse des deutschen Rechts und die Fähigkeit zur verständlichen Erläuterung fachlicher Feststellungen und Bewertungen nachgewiesen werden und
- die erforderliche geistige und körperliche Leistungsfähigkeit entsprechend den Anforderungen des beantragten Sachgebiets vorhanden sind.
Für eine öffentliche Bestellung von Sachverständigen auf dem betreffenden Sachgebiet muss es einen objektiven Bedarf geben. Die Prüfung beschränkt sich dabei auf die Frage, ob ein allgemeiner Bedarf an entsprechendem Sachverstand auf einem bestimmten Fachgebiet besteht (abstrakte Bedürfnisprüfung).
Die persönliche Eignung setzt voraus, dass der/die Bewerber/in nicht nur aufgrund seiner/ihrer persönlichen Eigenschaften Gewähr dafür bietet, die Gutachtertätigkeit objektiv und unparteiisch auszuüben, sondern diese Anforderungen unter Berücksichtigung seines/ihres gesamten Umfeldes auch erfüllen kann. Wesentliche Eigenschaften in diesem Zusammenhang sind persönliche Zuverlässigkeit, Charakterstärke, Unparteilichkeit, Sachlichkeit und Unabhängigkeit. Interessenbindungen jeder Art stellen die persönliche Eignung grundsätzlich in Frage, weil die Besorgnis besteht, dass der/die Sachverständige möglicherweise nicht unabhängig tätig sein kann. Zur persönlichen Eignung gehören auch der Ruf und das Ansehen des/der Bewerbers/in in der Öffentlichkeit und bei seiner/ihrer Berufsausübung.
Schon geringe Bedenken hinsichtlich der persönlichen Eignung reichen aus, um die öffentliche Bestellung zu versagen, da der Schutz der Öffentlichkeit und das Vertrauen auf öffentlich bestellte Sachverständige Vorrang vor den privaten Interessen des/der Bewerbers/in haben.
Auf dem betreffenden Sachgebiet ist die „besondere Sachkunde“ durch den/die Bewerber/in zur Überzeugung der Kammer nachzuweisen. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sind überdurchschnittliche Kenntnisse, Fähigkeiten und praktische Erfahrungen auf dem betreffenden Sachgebiet erforderlich. Die ordnungsgemäße Ausübung des Berufes ist noch kein ausreichender Nachweis besonderer Sachkunde. Eine nähere Konkretisierung enthalten die fachlichen Bestellungsvoraussetzungen, die es für eine Reihe von Sachgebieten gibt und auf die wir besonders hinweisen.
Wir bitten insbesondere von der jeweiligen notwendigen Vorbildung Kenntnis zu nehmen und vor der Antragstellung zu berücksichtigen. Sie finden die fachlichen Bestellungsvoraussetzungen auf der Internetseite des IfS. Zur „besonderen Sachkunde“ gehört auch und besonders die Fähigkeit, das Fachwissen in Gutachtensform so darzustellen, dass die Ergebnisse und Überlegungen nachvollziehbar sind. Nachvollziehbarkeit bedeutet, das Gutachten so aufzubauen und zu begründen, dass ein Laie (z. B. Richter) es verstehen und auf seine Plausibilität überprüfen, ein Fachmann die Gedankengänge und Argumente des Sachverständigen, die zu einem Ergebnis bzw. einer bestimmten Meinung führen, bis ins Einzelne nachvollziehen kann. Die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift und die Ausdrucksfähigkeit sind ebenso Inhalt der „besonderen Sachkunde“ wie die Kenntnis und Berücksichtigung der für die Gutachtertätigkeit wichtigen rechtlichen Rahmenbedingungen (z. B. gerichtliche Verfahren). Jedem Interessenten für die öffentliche Bestellung ist deshalb dringend anzuraten, sich sorgfältig, gründlich und gezielt vorzubereiten. Dies kann in Form des Selbststudiums, Besuch von Seminaren, Fachtagungen, selbständiger Tätigkeit als Sachverständige/r oder Mitarbeit bei einem anderen erfahrenen Sachverständigen geschehen.
Weitere Informationen finden Sie im Merkblatt"öffentliche Bestellung
und Vereidigung als Sachverständige/r".